Bis zu einem Drittel des weltweit gehandelten Holzes stammt aus illegalen Quellen. Bei Tropenholz sind es sogar bis zu 90 Prozent. Weil Raubfäller keine Ausgaben für Wiederaufforstung haben und weil sie keine Arbeits- und Umweltschutzauflagen erfüllen, drücken die illegal gefällten Bäume den Weltmarktpreis für Holz um bis zu 16 Prozent.
Die lokale Bevölkerung leidet nicht nur an den direkten Folgen der Entwaldung, wie Überschwemmungen oder Lawinen infolge der Erosion, sondern auch durch alltägliche Gewalt, Korruption und eine umfassende Illegalität, die ihr Leben zur Hölle machen. Legale Holzproduktion, die sich um Aufforstung und faire Arbeitsbedingungen kümmert,
wird unrentabel: Menschen verlieren dort ihre Jobs, stürzen in Armut und haben schließlich
oft keine andere Chance, als ihre Familie durch illegales Abholzen zu ernähren.
Der Protagonist
Alexander von Bismarck ist ein Ururgroßneffe des Eisernen Kanzlers und ehemaliger amerikanischer Elitesoldat. Wie seine Vorfahren interessiert ihn nicht der Protest, sondern
die Machbarkeit von Ideen, die Entwicklung einer besseren Welt. „Es geht nicht darum, anderen Menschen seine Ideale aufzudrücken. Wir haben ein ganz klares Ziel. Wir müssen es schaffen den entfesselten Kapitalismus zu bändigen.
Die einzige Möglichkeit dies zu tun, ist es, dem Welthandel Regeln aufzuerlegen und das können wir nur durch ein weltweites Netz aus hocheffektiven Gesetzen. Ich sage es nicht gerne, weil es sich wie ein Klischee anhört. Aber leider ist es so: Wir haben nur noch diese eine Chance.”
Wie ein entschleunigter James Bond ist er mit Knopfkamera, Tongeräten und ein paar falschen Identitäten der Holz-Mafia und ihren Helfershelfern auf der Spur. Seine riskanten verdeckten Ermittlungen führen ins Herz der verbrecherischen Machenschaften der Holzsyndikate und ihrer westlichen Kunden, die Holzhändler und großen Möbelkonzerne.
Bismarck verbrachte seine Kindheit nach der Scheidung der Eltern zwischen Deutschland und den USA. Sein Vater ist Ingenieur und Geschäftsmann, seine Mutter die erfolgreiche amerikanische Romanautorin Kai Maristed.
1990 ging er nach Harvard, um Biologie zu studieren. Aber dann trainierte er stattdessen Springreiten mit dem Ziel an der Olympiade teilzunehmen, assistierte bei einer Studie über das Leben im Wasser des Victoriasees und meldete sich - in der Hoffnung auf Aufnahme in den militärischen Geheimdienst - bei den Marines, wo er zwei Jahre lang
durchhielt. Zurück in Harvard untersuchte er Auswirkungen der Klimaveränderung und schloss sein Studium 2002 ab.
1995 hatte Bismarck die Londoner Environmental Investigation Agency (EIA) in einer deutschen Zeitschrift entdeckt und sich sofort beworben. Das Büro war wie ein „Newsroom“. Alle rannten herum, schrien und telefonierten. Bismarck wurde Untersucher und Kampagnenleiter. Er war Teil des internationalen Ermittlungsteams, das aufdeckte, wie kriminelle Syndikate illegales Holz durch Afrika und Lateinamerika schleusen. Bald wurde er Leiter des EIA-Büros in Washington, das fünfzehn Mitarbeiter hat. Eine kleine aber schlagkräftige Truppe, die sich unter Bismarcks Leitung zunehmend auf verdeckte
Ermittlungen konzentrierte.
Beispiel Sibirien
In der sibirischen Region Primorje, die so groß ist wie Niedersachsen und Schleswig Holstein zusammen, stehen die Wälder unter Naturschutz. Aber es gibt in dem ganzen Gebiet gerade einmal zwölf Waldinspekteure. Russisches Holz wird hier ohne viel Federlesens an den Zentralbehörden vorbei direkt an die chinesischen Mafia geliefert, die grenznah in beiden Ländern ihre Sägewerke betreibt. Holz wird hier an sieben Tagen pro Woche verschiffbar gemacht oder zu Dielenbrettern und Möbeln verarbeitet und nach
Europa und Amerika exportiert.
Die Herkunft der Waren wird für den Handel in der EU
meist umdeklariert und gefälscht. Das chinesische Suifenhe an dieser Grenze zählte vor fünfzehn Jahren ein paar tausend
Einwohner. Jetzt beherbergt es über 100.000 Menschen. Die Bosse leben in der nagelneuen modernen Stadt, die in grosser Geschwindigkeit aus dem Boden gestampft wurde, die Wanderarbeiter hausen in gigantischen Slums rund um die Fabriken in Hütten, die sie sich aus Wellblech und Rindenabfall gezimmert haben.
Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist die Bevölkerung in dieser strukturschwachen Gegend arm und verzweifelt. Vielen bleibt nichts anderes übrig als illegal abzuholzen, um zu überleben. Die wenigen, die sich wehren, werden ruhig gestellt. Der sibirische Tiger wiederum, dessen Lebensraum hier vernichtet wird, steht kurz vor dem Aussterben.
Bei den fingierten Verkaufsverhandlungen in Suifenhe, die im Film zu sehen sind, geht es nach abgeschlossener Recherche noch um die Sicherung von Beweisen. Ebenso in den Wäldern nördlich von Vladivostok, wo in Gegenwart eines bewaffneten Rangers Sonden in Stämme implantiert werden um die Transportwege zu dokumentieren
Beispiel Rumänien
Das meiste Holz, das bei uns verfeuert und bewohnt wird, stammt nicht aus den Tropen,
sondern aus europäischen Nachbarländern und Russland. Seit dem Fall des eisernen Vorhangs
sind viele der letzten ursprünglichen Wälder, die bis dahin noch einigermassen geschützt waren, Wilderern, der Holzmafia und geschäftstüchtigen Fabrikanten ausgeliefert. Nirgendwo in Europa werden in so kurzer Zeit so viele Wälder gerodet wie in Rumänien.
Jede Stunde verschwindet dort eine Waldfläche von drei Hektar.
In dem Land wird drei Mal so viel Holz geschlagen wie gesetzlich erlaubt ist, pro Jahr rund 28.000 Hektar Wald.
Früher „hielt“ der Wald das Wasser, jetzt schießt es ungehindert in die Täler, Überschwemmungen sind die Folge. Und die Hänge rutschen auf die Häuser der kleinen Walddiebe und ihrer Nachbarn. Fast die Hälfte der Kahlschläge liegt in Schutzgebieten. Dabei gibt es in Rumänien den weltweit letzten Primärwald, der in einer temperierten Zone überlebt hat. Weder er noch Nationalparks werden von den Holzfällern verschont. Es werden Regeln gebrochen,
frech gebogen oder in Frage gestellt. Doch der größte Druck auf die heimischen Wälder entsteht durch ausländische Konzerne.
Da die rumänische Verfassung Ausländern und ausländischen Firmen Landkauf in Rumänien verbietet, eröffnen sie Firmensitze in Rumänien und können die Wälder legal erwerben. Eine der mächtigsten Investoren ist die österreichische Firma Schweighofer. Diese Firma hat mittels Lobbying erreicht, dass das rumänische Forstgesetz in ihrem Sinn
geändert wurde. Um diese Geschäfte zu ermöglichen, wurden nicht nur Gesetze geändert, sondern auch
widerspenstige Förster und Bürgermeister entlassen. Auch hier braucht es den stichfesten Nachweis von illegalen Lieferketten, um die Handelskonzerne und die Holzlobbyisten in Brüssel zugunsten einer wirksamen Gesetzgebung
in die Knie zu zwingen. In USA hatte die EIA mit dieser Strategie bereits Erfolg. Die Verschärfung des Lacey Acts,
die sie in Zusammenarbeit mit der Holzwirtschaft und großen Einzelhandelsunternehmen auf den Weg gebracht hat, bestraft den Import von illegalem Holz und kehrt vor allem die Beweislast um: Der Importeur muss die Sauberkeit der ganzen Bearbeitungsund Handelskette seines Holzprodukts ab Schlagen des Baumes nachweisen. Die Folge ist, dass der illegale Holzschlag in den drei Jahren, seit das Gesetz existiert, weltweit um 22 % zurückgegangen ist: Das Angebot hat sich der verminderten Nachfrage angepasst. Auch der Handelsgigant Walmart wurde mit einer lückenlosen Beweiskette
über die illegale Herkunft seines Holzes konfrontiert und so in die amerikanische Koalition gelotst.
Einen ähnlichen Coup will die EIA in Europa lancieren. Mit einer konzertierten Aktion sollen die Bedingungen für eine Koalition mit wichtigen Playern in der Holzindustrie geschaffen werden. Denn nur in einer solchen Konstellation, glaubt Bismarck, kann eine Gesetzesänderung erreicht werden.