Baumriesen, urtümliche Farne, Pilze und Moose, Vögel und Käfer und alles mögliche andere Getier, darunter der Mensch. Zerfall und Wiederauferstehung, Unheil und lichtdurchflutete Idylle: Ein Wald ist immer auch ein Inbegriff von Schöpfung. Verschwindet er, schwindet nicht nur die Luft zum Atmen, sondern auch das Aufgehobensein in einer Welt, die wir kennen.
Alle zwei Sekunden vernichten illegale Holzfäller weltweit eine Waldfläche von der Größe eines Fußballfeldes, und das auch direkt vor unserer Haustür. Ein beträchtlicher Anteil des Holzes, das hierzulande verfeuert und abgewohnt wird, stammt nicht aus den Tropen, sondern aus Europa und nicht selten aus den letzten europäischen Urwäldern. In den Ländern Osteuropas, aber auch innerhalb der EU, werden sie erbarmungslos abgeholzt.
Manche Menschen brauchen den Verkauf von Holz zum Überleben, aber meist geht es um Korruption, um die Gleichgültigkeit der Behörden und letztlich um die Frage, ob die politischen Systeme in der Lage sind zu verhindern, dass sich die Interessen Einzelner gegen die Interessen der Gemeinschaft durchsetzen können.
Protagonist des Films ist Alexander von Bismarck, ein Ururgroßneffe des Eisernen Kanzlers und ehemaliger amerikanischer Elitesoldat. Mit falschen Identitäten, gefärbten Haaren und gefärbtem Bart, mit versteckter Kamera und heimlichen Tonaufnahmen ist er der Holzmafia und ihren Helfershelfern auf der Spur: in der russischen Taiga, wo die Abholzung der Wälder auch die Existenz des herrlichen Sibirischen Tigers, der größten Katze der Welt, bedroht, in anonymen Fabriken in Nordchina, wo das illegale russische Holz bearbeitet und verschoben wird, in den USA, wo der ehemals größte Fußbodenhändler die fragwürdige
Ware verkauft, obwohl schon gegen ihn ermittelt wird; in den Primärwäldern Rumäniens, wo ein österreichischer Großunternehmer nicht davor zurückschreckt, auch in Nationalparks gefälltes Holz zu verarbeiten; und schließlich im Urwald Perus, wo die Holzmafia die eigentlichen Waldbesitzer, die indigene Bevölkerung, ausbeutet und terrorisiert.
Alexander von Bismarck führt uns mitten in den Sumpf dieser verbrecherischen Machenschaften. Doch wie sein berühmter Vorfahr ist er auch Realpolitiker. Es geht ihm nicht um spektakuläre Aktionen per se, sondern er will Politik und Öffentlichkeit davon überzeugen, sich auf neue Regeln für die Weltwirtschaft einzulassen. Der Film zeigt, wie man mit Geschick, Hingabe, Zähigkeit, Engagement und modernen Technologien politische Entscheidungen provozieren kann. Dass dies ein riskantes Unterfangen ist, wird deutlich: Die rumänische Landwirtschaftsministerin wurde Opfer eines Quecksilber-Anschlags, zwei engagierte Förster dort mussten ihr Leben lassen. Der Film vermittelt eine Ahnung vom wahren Preis der angeblich so billigen Holzprodukte, die in westlichen Bau- und Möbelmärkten verramscht werden.
WOOD – DER GERAUBTE WALD ist ein Thriller, dessen Spannungselemente leider alltägliche Realität sind.
WOOD
DER GERAUBTE WALD
Dokumentarfilm von Michaela Kirst, Ebba Sinzinger und Monica Lazurean
DE / AT / RO 2020 97 min
Im Verleih von FILMTANK AUDIENCE